
16/10/2025 0 Kommentare
Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 38-2
Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 38-2
# Jubiläum250

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 38-2
Frauen in wichtigen Gemeindefunktionen
Katholische Seelsorgshelferinnen - Katechetinnen
Religionslehrerinnen - Pfarrsekretärinnen
In den vorausgegangenen Episoden war zu lesen, dass es in der Anfangszeit der amtierende Pfarrer selbst war, der Seelsorge mit Katechese und dem zu erteilender Religionsunterricht und die Büroarbeit leistete. Späterhin wurden Lehrer und Lehrerinnen in den neu gegründeten katholischen Schulen in Stralsund angestellt. Dies war so bis Ende der 30er Jahre möglich. Unterstützung für die Gemeinde gab es, als die Borromäerinnen in Stralsund ihr Waisenheim übernahmen. Alles war im besten Sinne gut katholisch durchorganisiert, bis es politisch den nationalsozialistischen Machthabern nicht mehr genehm war.
Dann kam der II. Weltkrieg, Zerstörung, Hunger, Tod und sehr viel persönliches Leid.
Alles war anders, musste neu erschlossen und aufgebaut werden, auch in unserer katholischen Gemeinde. Es sammelten sich ab 1947 viele Flüchtlingsfamilien aus den Gebieten östlich der Oder. Sie kamen aus Ost- und Westpreußen, aus Pommern, aus Schlesien und aus dem Sudetenland. Überall in den Familien der Versuch, sich in Stralsund ein neues Zuhause zu schaffen. Auch in der Pfarrei unter Pfarrer Friedrich Radek war jede helfende Hand gern gesehen.
Anfang der 50er Jahre unterstützten den Pfarrer beim Religionsunterricht, in der Seelsorge und im Pfarrbüro Frau Irmtraud Huder und Frau Wojciechowski.
An eine direkte Ausbildung von jungen Frauen aus der Gemeinde für die Arbeit in der Seelsorge und Religionsunterricht war noch nicht zu denken.
Seelsorge – Ausbildung von der Fräuleinzeit ins Heute

In der sowjetischen Besatzungszone sind die Anfangsjahre ab 1948 das Magdeburger Seelsorgehelferinnenseminar. Die Erinnerung an fröhliche Gemeinschaft und Aufbruchstimmung spricht aus den Erzählungen derer, die zum ersten Kurs der Magdeburger Ausbildungsstätte gehörten, die unter der neuen Bezeichnung „Seminar für Gemeindepastoral" eröffnet wurde. Es war eine neue Möglichkeit, im Dienst der Kirche mitzuarbeiten. Die zwei Jahre im Seminar waren eine weit gespannte Vorbereitung auf das Berufsleben. Die Erinnerung an den späteren Erfurter Bischof Hugo Aufderbeck ist für ehemalige Seminaristinnen noch sehr lebendig. Aufderbeck zeichnete im Unterricht gern und konnte komplizierte Zusammenhänge der Dogmatik in einer einfachen, bildreichen Sprache erklären. Vieles davon prägte sich den Frauen so stark ein, dass sie es später für ihre Schüler im Religionsunterricht wiederholten. Bücher hatten die Schülerinnen im Seminar damals noch nicht zur Verfügung; zum Lernen mussten sie deshalb eine gehörige Portion Disziplin aufbringen. Für uns in den ersten Kursen war es selbstverständlich, dass zu diesem Beruf die völlige Verfügbarkeit in einer ehelosen Lebensform gehörte, auch wenn uns das Seminar darin völlig frei ließ; erinnert sich eine ehemalige Absolventin.
Alle waren hochmotiviert für den Berufseinstieg. Sie freuten sich auf den Umgang mit Menschen und darauf, ihnen etwas vom christlichen Glauben zu erzählen. Erste Gelegenheit zum Hineinschnuppern in den Berufsalltag hatten die jungen Frauen in Praktika bekommen, in der Regel eines in der Gemeinde und ein weiteres in der Fürsorge. Dass sie in den Gemeinden keinesfalls immer nur mit offenen Armen empfangen wurden, wussten die jungen Frauen (Fräulein). Viele Priester wussten mit dem neuen Berufsbild noch wenig anzufangen und verstanden nicht, dass die Frauen (Fräulein) in erster Linie für seelsorgliche Aufgaben ausgebildet worden waren.
Am Anfang musste man sich in unserem Beruf sehr klein machen. Ein erlebtes Beispiel in einer Gemeinde, der Pfarrer: „Gut, dass Sie kommen Fräulein"; begrüßte er die gerade Angestellte zum Beispiel, als sie ihre Stelle antrat. „Wir haben gerade die Maler im Keller, da können Sie gleich mal alles putzen." Eine Reihe von Seelsorgehelferinnen hat ihre Arbeit nach wenigen Jahren aufgegeben, weil sie sich dem Beruf nicht gewachsen fühlten. Das Seminar-Internat setzte sich für den Zusammenhalt der Berufskolleginnen ein. Sie gründete eine Diaspora-Berufsgemeinschaft, der sich in der DDR-Zeit viele Frauen anschlossen. Für die Leitung des Seminars war es ein großes Anliegen, dass die ostdeutschen Seelsorgehelferinnen regelmäßig weitergebildet wurden. Schulungs- und Weiterbildungsangebote richteten sich auch an die älteren Seelsorgehelferinnen, die ihre Ausbildung vor der Gründung des Magdeburger Seminars oftmals in Schnellkursen erhalten hatten. Es lässt sich beobachten, wie sehr sich der Beruf und auch die Ausbildung seither verändert haben. Auch wenn der Beruf „Gemeindereferent(in)"; ein völlig anderes Gesicht hat als der Beruf „Seelsorgehelferin“, für den man sich einst entschieden hat, trauert dennoch niemand den alten Zeiten nicht nach.
Der Beruf Gemeindereferent hat nach dem II. Vatikanischen Konzil die zuvor fast ausschließlich von Frauen ausgeübte Tätigkeit der Seelsorgehelferin abgelöst. ... Dadurch wird deutlich, dass die beiden kirchlichen Berufe Gemeinde- und Pastoralreferent sich nur durch die akademische Bildung unterscheiden.

Zu den ersten Seelsorgshelferinnen - Religionslehrerinnen, die in Stralsund ihren Dienst begonnen haben, gehörte Brigitta Schwerin. Mit 12 Jahren 1947 mit der Familie aus der Heimat Königsberg vertrieben fand sie als junges Mädchen Freude an der Arbeit zur Erziehung von Kindern. So gab es auch 1955 einen Aufnahmebesuch im Seminar in Magdeburg. Ihre weitere Ausbildung absolvierte sie dann in Etappen in Graal Müritz und Parchim. Sie schloss diese Ausbildung mit der „Großen Missio“ ab und wurde in Stralsund vom Pfarrer freudig empfangen. „ Also „kleines Fräulein“ das ist aber schön, dass sie endlich zu uns kommen, wir haben vieles zu erledigen, was ich alleine nicht schaffen kann“. Zu dieser Zeit wurde der Haushalt von Pfarrer Radek, den seine Schwägerin bisher erledigte, an Fräulein Monika Scholz (Frau Monika Luschtinez) in Kombination mit der Arbeit im Pfarrbüro übergeben.
Für Fräulein Brigitta Seidler (Brigitta Schwerin) begann 1958 eine intensive, abwechslungsreiche, über Jahrzehnte dauernde Gemeindearbeit, beginnend bei Pfarrer Monsignore Friedrich Radek, über Pfarrer Georg Ketz zu Pfarrer Wolfram Lewicki bis zu Pfarrer Monsignore Reinhold Janiszewski. So einige werden sich erinnern, die bei ihr Religionsunterricht hatten oder in anderer Weise mit ihr in Kontakt waren. Eventuell gibt es erzählenswerte Geschichten, Anekdoten oder Episoden mit und um diese Zeit. Trauen Sie sich anderen darüber zu berichten.
Als Unterstützung in der seelsorglichen Arbeit waren noch Fräulein Vonhoff (Gertrud Vonhoff) und Fräulein Brigitta Seidler (Frau Schwerin), sowie für die Dörfer rund um Stralsund Fräulein Preuschoff (Margarete Preuschoff) bei uns in der Gemeinde tätig. 1960 erkrankte Monsignore Radek schwer, er konnte seiner priesterlichen Arbeit nicht mehr nachgehen. Er nahm seinen Ruhesitz in St. Josef, das inzwischen zum Altersheim umgestaltet wurde, er verstarb dort 1964.
Von 1960 bis 1971 war dann Pfarrer Georg Ketz in Stralsund. In der Pfarrhaushaltsituation blieb alles wie gehabt. In der Gemeindeseelsorge war Fräulein Kunze (Margarete Kunze) bis 1964 in unserer Gemeinde tätig. Sie wurde von Fräulein Mücke (Gertrud Mücke) abgelöst. In der Katechese und im Religionsunterricht der Grundschulkinder waren Frau Schwerin und in besonderer Weise auch noch Schwester Wiborada im Einsatz. Das besondere Verhältnis von Pfarrer Ketz und Fräulein Mücke führte1971 zu seiner Versetzungen an andere Stellen der Seelsorge.
So wurde 1971 Wolfram Lewicki zum Pfarrer von Stralsund ernannt. Der Pfarrhaushalt wurde durch Fräulein Horstmann oder auch Fräulein Agatha geregelt, die schon zuvor im Pfarrhaushalt von Pfarrer Lewicki tätig war. Zu den schon vorhandenen in der Gemeinde tätigen Personen fand Frau Renate Larisch eine Anstellung im Pfarrbüro.
In der Seelsorge nahm für kurze Zeit Fräulein Jablonski ihre Tätigkeit als Seelsorgehelferin auf. Mit dem in Tribsees amtierenden Pfarrer Ernst Kronmark verließ sie die Gemeinde Stralsund. Das Leben schreibt Geschichten, es sollte so und nicht anders sein.
Bis 2000 unter Monsignore Janiszewski versah Frau Schwerin ihren Dienst, bevor sie in den wohlverdienten Ruhestand ging. Heute lebt sie im Seniorenzentrum St. Josef. Mit Monsignore Janiszewski werden die vielen Fräuleins zu Frauen, endlich der Zeit angemessen wäre es schon lange vorher fällig gewesen.
Pfarrer Andreas Sommer, der dann Pfarrer in Stralsund wurde, holte sich in der Seelsorge Helfer, so Herrn Stephan Mark und für kurze Zeit das Ehepaar Regina und Martin Walter aus NRW. Später kam Frau Marion von Brechan in der Tourismusseelsorge dazu. Mit der Entstehung der neuen Pfarrei Sankt Bernhard Stralsund-Rügen-Demmin gibt es eine ganz neue pastorale seelsorgliche Zusammensetzung. Der Beginn einer neuen Zeit, in der die Gemeinde Heilige Dreifaltigkeit Stralsund nur ein Teil ist. Wir feiern in diesem Jahr 250-jähriges Bestehen dieser Gemeinde. Sankt Bernhard ist eine neue Geschichte, zu der andere berichten werden.
Überarbeitet von Roland Steinfurth
Korrektur Wolfgang Vogt
Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit Stralsund
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