
11/09/2025 0 Kommentare
Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 34
Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 34
# Jubiläum250

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 34
Bischöfe – Erzbischöfe – Kardinäle und Weihbischöfe – zu Firmung und Visitation – Mauerbau, Teil 5
Außer Nikolaus Bares waren alle amtierenden Bischöfe und Erzbischöfe ein oder mehrmals in unserer Gemeinde „Heilige Dreifaltigkeit“ . Anlässe waren Firmungen und Jubiläen, aber auch Visitationen. Nach Konrad Kardinal von Preysing waren dies Bischof Wilhelm Weskamm, der unsere Sellinwallfahrt besuchte, dann bis 1961 Julius Kardinal Döpfner, dem die DDR-Behörden viele Hindernisse in den Weg stellte. Danach war es auch der Urberliner Alfred Kardinal Bengsch, der in Ostberlin residierte mit beschränkten Reisevisitationen in den Westteil der Stadt.

Bischof Wilhelm Weskamm - Auseinandersetzung in der DDR
Biografie
Nach dem Besuch der katholischen Volksschule in Arolsen und des Gymnasiums Petrinum in Brilon studierte Weskamm seit 1909 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Paderborn Theologie. Nach Empfang der Priesterweihe 1914 und kurzer Kaplans zeit in Daseburg ernannte ihn Bischof Karl Joseph Schulte (1871–1941) im Dezember 1914 zum Sekretär und 1916 zum stellvertretenden Leiter der „Kirchlichen Kriegshilfe“ (Vermisstensuche und Kriegsgefangenen-Hilfe) in Paderborn. 1918 wurde er Domvikar und widmete sich der Jugendseelsorge sowie der Betreuung des St. Pius-Arbeiter-Bundes. 1932 wurde er Pfarrer von St. Norbert in Merseburg, 1942 Landdechant des Dekanats Halle/Saale und auf Vorschlag des Paderborner Erzbischofs Lorenz Jaeger (1892–1975) Pfarrer von St. Sebastian in Magdeburg. Der Erzbischof verlieh ihm den Titel Propst und übertrug ihm das Kommissariat für den sächsischen Anteil des Erzbistums. 1944 folgte die Ernennung zum Landdechanten des Dekanats Magdeburg und nichtresidierenden Paderborner Domkapitular.
Bei Kriegsende als Delegat für den sächsischen Anteil Paderborns mit erweiterten Vollmachten ausgestattet, sorgte Weskamm für die Einrichtung neuer Seelsorgestellen und deren Besetzung durch Priester aus Westfalen, um die kirchliche Betreuung der Katholiken, deren Zahl durch den Zustrom von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen stark angewachsen war, zu gewährleisten. Um angesichts des drohenden Abbruchs der Verbindung des Ostteils der Erzdiözese mit dem Westteil die ordnungsgemäße kanonische Leitung der Diözese zu sichern, wurde Weskamm am 17. Oktober 1949 zum Paderborner Weihbischof (Titularbischof von Rando) mit Sitz in Magdeburg ernannt und am 30. November 1949 von Erzbischof Jaeger in der dortigen St. Sebastian-Kirche geweiht.

Aufgrund des konkordatsmäßigen Wahl durch das Berliner Domkapitel wurde Weskamm am 4. Juni 1951 in der Nachfolge von Kardinal Konrad Graf von Preysing als Bischof nach Berlin geschickt und am 31. Juli 1951 in St. Sebastian zu Berlin-Wedding inthronisiert. Eine seiner ersten Personalentscheidungen betraf die Ablösung des Generalvikars Maximilian Prange (1893–1965) und des verantwortlichen Leiters der Bistumspresse Walter Adolph (1902–75); beide waren besonders „westberlinisch“ orientiert. Weskamm setzte damit ein Zeichen für eine Umorientierung der Bistumsleitung auf die Gesamt-DDR hin. Dabei ging es ihm als diasporaerfahrenem Seelsorger um die Schaffung von Voraussetzungen für die katholische Minderheitskirche und für ein bischöfliches Wirken in ihr unter Vermeidung von Konfrontation und Konformismus mit dem sozialistischen Regime. Unter diesem pastoralen Blickwinkel traf er als Vorsitzender der Berliner Ordinarienkonferenz (1951–56) im Einvernehmen mit deren Mitgliedern Entscheidungen, die für alle Bistümer und Jurisdiktionsbezirke der DDR galten. So konnten von ihm in kirchenpolitisch schwierigen Jahren das Priester- oder Pastoralseminar in Huysburg bei Halberstadt, das Spätberufenenseminar Norbertinum in Magdeburg und das für die Kirchen in der DDR bedeutsame philosophisch-theologische Studium mit Alumnat in Erfurt begründet werden (alle 1952). Dass der 75. Deutsche Katholikentag 1952 nach Berlin einberufen wurde, war ebenfalls vor allem Weskamms Initiative zu verdanken, ebenso der Wiederaufbau der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale, in der er noch während der Wiederaufbauphase am 25. Oktober 1953 die erste – und für ihn einzige – Pontifikalmesse feierte. Seit 1954 erschien für den Ostteil seiner Diözese die Kirchenzeitung „St. Hedwigsblatt“.
Weskamms bischöfliches Wirken in Magdeburg und insbesondere im geteilten Berlin in realistischer Einschätzung der politischen und gesellschaftlichen Situation hatte für das Überleben der katholischen Kirche in der DDR wegweisende Bedeutung. Sein Einsatz für den Liturgiker und Ökumeniker Johannes Pinsk (1891–1957), der eine übersteigerte Marienverehrung kritisierte, brachte ihn zuletzt in scharfen Konflikt mit Rom. Ohne diesen bereinigen zu können, verstarb Weskamm nach langer Krankheit. Sein Nachfolger wurde 1957 der bisherige Bischof von Würzburg, Julius Döpfner (1913–1976).
Wolfgang Knauft; Miterbauer des Bistum Berlin – Morus Verlag

….. Von herausragender Bedeutung war für Bischof Weskamm die Frage des Priesternachwuchses in der DDR. Auf diesem Gebiet hatte es keine eigene Priesterausbildungstätte gegeben. Darüber hinaus war Mitteldeutschland stets auf Seelsorger aus westlichen Bistümern angewiesen. Die Lage wurde bedrohlich, als im Westen ausgebildete Theologen ab Oktober 1951 keine Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung für die DDR mehr erhielten. Am 20. Dezember 1951 fügte der Bischof den Weihnachtsgrüßen an Papst Pius XII. den Hinweis an, ihm mache große Sorge, „wie der Priesternachwuchs für das Bistum Berlin wie auch für das gesamte Gebiet der DDR gesichert werden kann“. Die Gründung eines eigenen Priesterseminars für die DDR- neben den bereits bestehenden Pastoralseminaren Neuzelle/Oder und Huysburg bei Halberstadt – wurde zur Existenzfrage. Tatkräftig ging Bischof Weskamm an die Errichtung eines Seminars. Im Erfurter St.- Konrad Haus wurde schließlich am 5. Juni 1952 das Philosophisch - Theologische Studium eröffnet. Bischof Weskamm erklärte mit allem Nachdruck, dass die Kirche ein Eingreifen des Staates in die Priesterausbildung unter keinen Umständen dulden könne. So wurde endlich am 13. August 1952 das Katholische Priesterseminar in Erfurt eröffnet. Bald darauf gründete Weskamm das Vorseminar in Schöneiche bei Berlin für zukünftige Theologie-Studenten. Am Weißen Sonntag 1954 wurden 20 Diakone in der Johannes-Basilika in Berlin Neukölln zu Priestern geweiht.
…. Ein weiteres Problem der Kirche in der DDR, das Bischof Weskamm seine ganze Amtszeit hindurch schwer belastete, war die Frage: “Was wird aus unseren Kindern?“
… Die Angst um die grauenhafte Gefährdung der Kinder in einer gottlosen, materialistischen Atmosphäre und Erziehung, diese Sorge ist groß, das sie uns niederdrückt. ….. Es geht hier um das nackte Leben, um die nackte Existenz, um die Frage, ob wir in Gott lebendig bleiben oder zugrunde gehen, ob Menschen gottlos werden oder den Weg zu Gott gehen, wie das Kind zum Vater geht……
Dennoch hat Bischof Weskamm vor dem Erziehungssystem in der DDR nicht resigniert. Er setzte seine Hoffnung auf die Standfestigkeit der christlichen Familien. ….Im Herbst 1954 wurde in der DDR erstmals für die sozialistische Jugendweihe geworben.
Am 21. August 1956 starb Bischof Weskamm, ein Bischof, der zur rechten Zeit die Weichen für eine lebensfähige Kirche in der DDR gestellt hat.
Der Weg der Kirche in der DDR: Gärtnerei im Norden
Der katholischen Kirche in Ostdeutschland ist es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend gelungen, sich selbst realistisch zu deuten. Das verweist für den Kirchenhistoriker Josef Pilvousek darauf, dass es ihr glückte, sich in extremer Diaspora zu behaupten.
In Gedenken an Frau Felicitas Knoppke; verstorben 2024
überarbeitet von Roland Steinfurth
Korrektur Wolfgang Vogt
Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit Stralsund
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