
24/06/2025 0 Kommentare
Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 26
Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 26
# Jubiläum250

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 26
Katholischer Friedhof Teil 1
Der Katholische Friedhof in Stralsund von seiner Einweihung 1843 bis heute

In den Jahren seiner Amtszeit war es Pfarrer Wendelin Zink nicht gelungen, einen eigenen katholischen Friedhof anzulegen. Im Jahre 1819 lehnte der Festungskommandant seinen Antrag, ein Grundstück vor dem Frankentor zu erwerben, mit der Begründung ab, dass es sich um ehemaliges Festungsterrain handele, welches vermutlich wieder als Fortifikationsanlage genutzt werde. Das war sehr misslich, denn die katholische Gemeinde musste ihre Toten auf den städtischen Friedhöfen beerdigen und an die evangelischen Pastoren Stolgebühren entrichten. Erst einem seiner Nachfolger, Pfarrer Theodor Rassmann, erhielt die Genehmigung zur Einrichtung eines Begräbnisplatzes. Aber bis zum Ankauf des Ackers sollte noch eine geraume Zeit vergehen, denn die Gemeinde und ihr Pfarrer waren bitterarm und hatten kein Geld zur Verfügung.
Fotos: Friedhof

Was blieb übrig, es wurden Bettelbriefe versendet nach Schlesien, Bayern und anderswo. Pfarrer Rassmann hatte sich nicht getäuscht, es flossen reichlich Spenden. So schickte z. B. der Breslauer Bistumsadministrator Prof. Dr. Ritter 200 Reichstaler, auch der Oberkaplan Dr. Bartmann von St. Hedwig in Berlin war mit 16 Talern dabei. Spenden aus Deutschkrone/Westpreußen und von Bischof Bartholomäus Hille aus Leitmeritz/Böhmen sowie von dem Ludwig-Mission-Verein in München unterstützten die Gemeinde mit großzügigen Spenden. So konnte Pfarrer Rassmann im Jahre 1843 ein Grundstück vor dem Frankentor von dem Müllermeister Johann Dietrich Rietesel für 550 Reichstaler erwerben und ihn am 12. November 1843 einweihen.
Während des Deutsch-Französischen Krieges kamen im Dezember 1871 etwa 1600 französische Kriegsgefangene nach Stralsund. In dem Gefangenenlager auf dem kleinen Dänholm waren die sanitäre Situation sehr unzureichend. Es brachen Seuchen aus und Gefangene verstarben. Pfarrer Wahl beerdigte die verstorbenen Katholiken auf dem Alten katholischen Friedhof. 1898 kam es in Le Havre/Frankreich zur Bildung eines Komitees zur Errichtung eines Gefallenendenkmals für alle französischen Soldaten. Im Juli 1899 wurden deshalb im Beisein von Pfarrer Wahl 64 Soldaten exhumiert, die zumeist an Pocken und Typus verstorben waren.
Autorin: Felicitas Knoppke
Unsere Friedhöfe - ein Zeugnis christlicher Nächstenliebe

In einem Bericht des städtischen Grünflächenamtes von 1992 gab es im Rahmen einer Bestandsaufnahme aller Friedhöfe der Stadt für die Friedhöfe der katholischen Gemeinde Stralsund folgende Feststellung: „Die katholische Kirchengemeinde unterhält den katholischen Friedhof – und hier herrscht Ordnung.“ Doch dem war nicht immer so. In den sechziger Jahren bereits war von kirchlicher Seite an eine Stilllegung gedacht, da für die Ausführung der notwendigen Wartungsarbeiten die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichten und Arbeitskräfte nicht eingesetzt werden konnten.
Gelegentlich wurde damals mit einem Pferdefuhrwerk der überhandnehmende Abfall abgefahren, über den Gräbern wuchernde Brennnesseln abgemäht und einige Wartungsarbeiten ausgeführt. Die mit hohen, vielfach ungepflegten Hecken umfriedeten individuelle Grabstätten auf dem Alten Katholischen Friedhof, wo sich auch Gräber unserer verstorbenen Priester der Gemeinde befinden, erschwerte zudem jeden Überblick. Die auf dem gleichen Friedhof befindliche Gruftkapelle verfiel. Dieser Zustand fand vielfach einen Ausdruck des Bedauerns.

Als 1983 das Friedhofskuratorium auf sein zehn-jähriges Bestehen zurückblicken konnte, war nicht nur wieder ein würdiger Gesamtzustand auf unseren Friedhöfen erreicht, sondern bestimmten interessierten Stellen (Stasi und Partei) das Argument genommen, die Friedhöfe wegen des Verfalls einer weiteren Nutzung der Gemeinde zu entziehen.
Weitere Jahre später gelang es sogar, unter den schwierigen Bedingungen der damaligen Materialbeschaffung eine Friedhofskapelle zu bauen, deren heutiger Wert auf das Fünffache der tatsächlich entstandenen Kosten beziffert wird.

Man erinnert sich gern, wie zahlreich sich die Helfer in der Anfangsphase der Rekonstruktionsmaßnahmen zur Verfügung stellten. Es gab besondere Einsätze der Jugend mit ihrem Kaplan. Sie alle legten Hand an, sei es bei der Gestaltung der einzelnen Gräberfelder, der Errichtung der Abfallstätten und Stützmauern, der Gestaltung und Errichtung der Tore und Zäune, der Befestigung und Pflasterung des Mittelweges auf dem Neuen Katholischen Friedhof am Hühnerberg, sowie der teilweise Neubepflanzung und schließlich beim Bau der Kapelle mit dem von Alex Scharping selbst geschnitzten Kreuz, auch bei den laufenden bis heute in freiwilligem Einsatz ausgeführten Wartungsarbeiten. Allen Helfern, gar mancher davon ruht auf diesem Gottesacker, sei Dank gesagt für geübte christliche Nächstenliebe. Gott dem Herrn sei aber Dank für seinen beschützenden Segen.

Bruno Pettirsch (ehem. Leiter des Friedhofskuratoriums)
In Gedenken an Frau Felicitas Knoppke; verstorben 2024
überarbeitet von Roland Steinfurth
Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit Stralsund
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