Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 19

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 19

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# Jubiläum250

Katholisches Leben in Stralsund – eine Zeitschiene bis in die Gegenwart - Episode 19

Bischöfe – Delegaten - Erzbischöfe – Kardinäle und Weihbischöfe
Besuch, Firmung und Visitation Teil 3


Bischof Dr. Christian Schreiber – Unser „Erster“ Bischof

Am 14.Juni 1929 wurde Berlin mit Brandenburg und Pommern durch das Konkordat zwischen dem Preußischen Staat und dem Heiligen Stuhl in Rom zum selbständigen Bistum erhoben. Noch vor der Ratifizierung des Vertrages am 13. August 1930 besuchte der zukünftige Bischof des neugegründeten Bistums, Dr. Christian Schreiber, am 19.Juni 1930 die Gemeinde. Als noch Bischof von Meißen wurde er Willkommen geheißen von Erzpriester Radek und vom Regierungspräsidenten Dr. Haussmann als Vertreter der Preußischen Regierung und vom Oberbürgermeister Dr. Carl Heydemann. Es wurde ein feierliches Pontifikalamt gefeiert Nach dem offiziellen Essen im Regierungspalais, an dem neben Vertretern der Regierung der Standortälteste der Marine - Garnison, ein Vertreter der Uni Greifswald, die vier Landräte des Regierungsbezirks, die Oberbürgermeister der Städte Stralsund und Greifswald, Erzpriester Radek sowie Vertreter der evangelischen Geistlichkeit teilnahmen.

Christian Schreiber (* 3. August 1872 in Somborn; † 1. September 1933 in Berlin) war der erste Bischof des wiedererrichteten Bistums Meißen (später Dresden-Meißen) von 1921 bis 1929 und danach erster Bischof des neuen Bistums Berlin.

Nach dem Abitur 1892 am Fuldaer Gymnasium trat er ins dortige Priesterseminar ein. Dank seiner Begabung wurde er nach Rom ans Collegium Germanicum entsandt, wo er 1895 die Choralschola leitete und am 28. Oktober 1898 die Priesterweihe empfing. Anschließend promovierte er in Rom zum Doktor der Theologie und Philosophie und wurde im selben Jahr Philosophieprofessor am Fuldaer Priesterseminar. 1907 übernahm er die Leitung des Seminars als Regens und war bis 1921 Mitherausgeber des Philosophischen Jahrbuches der Görres-Gesellschaft.

Bischof von Meißen

Christian Schreiber wurde am 12. August 1921 von Papst Benedikt XV. zum ersten Bischof des wiedererrichteten Bistums Meißen ernannt und am 14. September 1921 in Fulda durch Bischof Joseph Damian Schmitt geweiht. Schreiber setzte sich für den Aufbau der Diözese ein, gründete unter anderem 1921 den Diözesancaritasverband und 1927 das Priesterseminar Schmochtitz bei Bautzen. Er erhöhte die Zahl der Seelsorgestellen und Priester erheblich. In Goppeln und Bautzen gründete er Franziskanerinnenklöster und kämpfte erfolgreich für den Erhalt der katholischen Bekenntnisschule in Sachsen.

Während seiner Amtszeit hatte er mit finanziellen Problemen zu kämpfen und unternahm jährliche Romreisen und sogar eine USA-Reise, um Unterstützung für seine Diözese zu erhalten. Trotz dieser Herausforderungen pflegte er enge Kontakte zum Klerus und den Gläubigen und förderte stark die sächsischen Katholikentage.

Der Bischof und die Sorben

Schreibers Verdienste um die Reorganisation und Stärkung des Katholizismus in der sächsischen Diaspora wurden von den Gläubigen allgemein anerkannt. Sein Umgang mit den Sorben im Bistum hat jedoch tiefe Gräben zwischen den sorbischen Gläubigen und Priestern auf der einen und der kirchlichen Hierarchie auf der anderen Seite aufgerissen.

Schon am Beginn seiner Amtszeit hatte sich der Bischof zumindest missverständlich geäußert, so dass bei den katholischen Sorben der Eindruck entstand, sie hätten es mit einem deutschnational eingestellten Bischof zu tun, der im Einverständnis mit der staatlichen Politik die Germanisierung des kleinen slawischen Volkes befürworte. Ein großer Fehler Schreibers war, dass er an dem von seinem Vor-Vorgänger Franz Löbmann zur Vorbereitung der Bistumsgründung engagierten deutschböhmischen Redemptoristen, Pater Joseph Watzl (1877–1936), als engstem Berater festhielt. Dieser trat zunehmend mit Sorben feindlichen Äußerungen hervor und unterstützte sogar die Tätigkeit der gegen die Sorben gerichteten Wendenabteilung in Bautzen.

Von sorbischer Seite wurde dem Bischof auch die Schließung des Wendischen Seminars in Prag angelastet, die aber in der Verantwortung des Bautzener Kapitels lag und überdies finanziellen und kirchenrechtlichen Zwängen geschuldet war. Allerdings hat der Bischof es versäumt, diese Tatsachen der sorbischen Öffentlichkeit zu erklären. Vielmehr wurde die Abwicklung des Wendischen Seminars als geheime Aktion betrieben.

Während der Diözesansynode 1923 im Kloster St. Marienstern verurteilte der Bischof die sorbische Kirchenzeitung Katolski Posoł wegen angeblich unkirchlicher Standpunkte in einigen Artikeln als kirchenfeindlich, ohne zuvor mit den Herausgebern und Autoren (sorbischen Priestern) gesprochen zu haben. Dies führte zu Spannungen zwischen dem Bischof und dem sorbischen Domdekan Jakub Skala, der versuchte, den Konflikt beizulegen und die Verdienste der Zeitung herauszustreichen.

Drei jüngere sorbische Geistliche reichten daraufhin eine Beschwerde gegen den Bischof beim Heiligen Stuhl ein, was einen offenen Widerstand aus dem katholischen Milieu der Sorben darstellte. Diese Meinungsverschiedenheit führte dazu, dass es bis zum Weggang des Bischofs nach Berlin keine Versöhnung gab. Die Beschwerde wurde von Rom nicht weiterverfolgt, da der Bischof glaubhaft versichern konnte, dass die Beschwerdeführer nicht den gesamten sorbischen Klerus vertraten. Innerhalb der sorbischen katholischen Gemeinschaft gab es unterschiedliche Meinungen über den Bischof; einige Priester unterstützten ihn, viele blieben neutral und andere waren seine Gegner.

1928 kam es erneut zu Spannungen zwischen dem Bischof und den Sorben bezüglich der Besetzung des Pfarramts an der Bautzener sorbisch-katholischen Liebfrauenkirche mit einem deutschen Geistlichen. Diesmal wurde der Widerstand vor allem von katholischen Laien getragen.

Bischof von Berlin

Wappen Schreibers als Bischof von Berlin (1930–1933)

Im Jahr 1929 wurde Schreiber von Papst Pius XI. zum Apostolischen Administrator des neu gegründeten Bistums Berlin ernannt. Ein Jahr später, am 31. August 1930, erfolgte seine feierliche Amtseinführung und definitive Translation nach Berlin. Zu Beginn des Jahres 1931 übergab er die Diözese Meißen an seinen Nachfolger, Conrad Gröber.

In Berlin widmete sich Schreiber zunächst der Etablierung zentraler Bistumseinrichtungen. Er konstituierte am 1. Januar 1931 das Domkapitel, erwarb ein Gebäude für das Ordinariat und richtete im Jahr 1932 ein Priesterseminar ein. Während seiner kurzen Amtszeit als Bischof gelang es ihm, 38 Kirchen und Kapellen zu weihen sowie 20 neue Seelsorgestellen einzurichten. Darüber hinaus bereiste er das Bistum intensiv.

Die öffentliche Darstellung des Katholizismus lag ihm besonders am Herzen. Daher veranstaltete er katholische Feiertage und Zusammenkünfte, wie das Fronleichnamsfest und die märkischen Katholikentage als öffentliche Bekenntnisfeiern. Die staatlich unterstützte Neugestaltung der Kathedralkirche St. Hedwig ließ er ebenfalls aus repräsentativen Gründen vornehmen.

Am 1. September 1933 verstarb Bischof Schreiber an einem Herzleiden. Er wurde in der Krypta der Hedwigs-Kathedrale beigesetzt.

Verhältnis zum Nationalsozialismus

Schreiber war politisch engagiert und trat nach 1918 oft bei Veranstaltungen der Zentrumspartei auf. Anfänglich sah er den Nationalsozialismus positiv und empfahl Katholiken, innerhalb der NSDAP zu wirken, um unkirchliche Bestrebungen zu bekämpfen. Doch als Franz von Papen 1932 Reichskanzler wurde und die NSDAP beachtlichen politischen Einfluss gewann, änderte Schreiber seine Haltung. Er warnte nun eindringlich vor der NSDAP und betonte, dass Katholiken nicht Mitglied dieser Partei sein sollten; andernfalls drohten kirchliche Sanktionen. Der Kartellverband verbreitete diese Warnung vor den Reichstagswahlen am 5. November 1932.

Autor:  Roland Steinfurth
Korrektur: Wolfgang Vogt

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