03/01/2025 0 Kommentare
Christen in Stralsund
Christen in Stralsund
# Bericht

Christen in Stralsund
Wie die Zeit vergeht – in 100-Jahres-Schritten
Christen in einer Stadt, die uns Heimat ist!

Bischof Otto von Bamberg hatte vor 900 Jahren 1124 und 1128 auf seinen Missionsreisen den Glauben mitgebracht. Vor fast 800 Jahren, im Jahr 1234 hat unsere Heimatstadt Stralsund das Stadtrecht bekommen. Ein guter Schritt zur Selbstbestimmung, zur Unabhängigkeit von Königen und Fürsten. In dieser Zeit – eine einzige gemeinsame Kirche, es war alles gut katholisch.
Es ist so um die 700 Jahre her, Stralsund ist eine der bedeutendsten Hansestädte geworden. Auseinandersetzungen mit anderen Ländern und Städten waren damals an der Tagesordnung, es ging um Einfluss und Macht. Unsere großen Stadtkirchen künden davon.
Doch Streit muss geschlichtet werden, dabei war der „Stralsunder Frieden“ von 1370 ein maßgebliches Beispiel. Ein katholischer Franziskanermönch hält die Ereignisse fest und zeigt das auch Christen in wirkungsvoller Weise daran Anteil hatten. Also in gutem katholischem Rahmen.
Dann in der Zeit vor 600 Jahren ging es in vielen Städten, so auch in Stralsund wirtschaftlich weit voran. Mit dem florierenden Handel kam Geld und Macht durch die Kaufleute, in die noch immer katholische Stadt, so dass Ökumene immer noch etwas Unbekanntes war.
Doch dann etwa 500 Jahre ist es her als die Forderungen von Reformator Martin Luther auch in Stralsund verlesen wurden. Vieles gab es an der katholischen Kirche und ihrer Obrigkeit zu bemängeln. Viele Stralsunder fanden das auch, andere wiederum nicht und so entstanden in Deutschland zwei christliche Kirchen: die bleibende katholische Kirche und die reformierte evangelische Kirche. Im Frühjahr 1525 ging unsere Heimatstadt den Weg in die evangelische Kirche. Alles katholische verschwindet nach und nach. Mit dem „Kirchenbrechen“, der Zerstörung von allem Katholischen hat sich die Stadt keinen Gefallen getan.

Der bald darauffolgende 30.- jährige Krieg von 1618-1648 vor 400 Jahren war nicht christlich, sondern in seinem Ausmaß einfach grausam. Wallensteins Zitat ist hinlänglich bekannt.
Unsere Heimatstadt ging vor etwa 300 Jahren in schwedische Hände, fast 200 Jahre blieb das so. Da der schwedische König für die militärischen Auseinandersetzungen der Zeit, Soldaten brauchte, werden sie in katholischen Ländern angeworben. Um diese katholischen Soldaten auch seelsorglich zu versorgen, ließ der schwedische König 1775 eine katholische Missionsstation in Stralsund gründen. So entwickelte sich mit Hilfe von Jesuiten und Karmeliten Missionaren eine kleine katholische Gemeinde.
Vor 200 Jahren, 1815 in der Zeit der großen beginnenden Industrialisierung, wird Stralsund wieder preußisch, also deutsch. 1863 kann man mit der Eisenbahn auch nach Stralsund fahren.
Nach schweren Anfängen in der Ökumene, mit Anfeindungen der evangelischen Pastoren gegen den einzigen katholischen Pfarrer und seine wachsende Gemeinde in der Stadt, bekamen auch Katholiken wieder ihre ihnen zustehenden Rechte.
Doch war dies vor 100 Jahren eine Zeit die politisch nach einer neuen Ordnung verlangte. In Diplomatie und Freiwilligkeit war dies nicht möglich und führte von 1914-1918 zum ersten Weltkrieg. Christen versuchten wo es ging ihre Kirchenglocken zu retten, die von St. Jakobi in Stralsund wurden konfisziert und eingeschmolzen.
Keine 25 Jahre vergingen und auf Grund der kriegerischen Weltlage brach dann der II. Weltkrieg aus. Von 1939 – 1945 brachte er überaus viel Elend und Zerstörung in unsere Stadt Stralsund.
Die Ökumene, die Besinnung auf das christliche während der zwei Weltkriege wuchs stätig. Pastoren, Vikare und Pfarrer und Kapläne auch in Stralsund wehrten sich teilweise ganz persönlich gegen die Staatsgewalt. Der in Stralsund tätige katholische Militärseelsorger Karl Heinz Möbius ist dafür ein Beispiel.
Christlich musste und wollte man wieder sein, nach den so schlimmen Taten gegen die jüdische Bevölkerung auch in unserer Stadt. Dann endlich Frieden, die Verhandlungen die Prälat Friedrich Radek damals führte bespielhaft. Aber Deutschland wird geteilt. Stralsund kommt in die sowjetische Besatzungszone, Bundesrepublik und DDR entstehen.
Für die DDR, wozu auch Stralsund gehörte, wurde Ökumene zum Überlebensprojekt. Hier waren die 50. bis 70. Jahre für Christen beider Kirchen ein Drahtseilakt im Überleben in einer SED- Diktatur zwischen Anpassung und Abgrenzung. Ökumene hatte teilweise einen schweren Stand, da die Verantwortlichen der zwei Kirchen in sich selbst nicht einig waren.
Doch besonders die christliche Jugend auch in Stralsund, war in der Ökumene trotz der Unterwanderung durch Stasi-Spitzel fest verbunden. Die Aktionen „Schwerter zu Pflugscharen“ und „Frieden Schaffen – Ohne Waffen“ waren dabei maßgeblich. Katholiken wie Evangelen, beide fühlten sich in der „Taize-Bewegung“ sehr verbunden.
Die 80.-90. Jahre, vom Staat war in Bezug auf Freiheit, Reisen in ferne Länder nicht viel zu erwarten. Die Unzufriedenheit nahm zu. Durch gehäufte Ausreiseanträge und Botschaftsbesetzungen wurde die Wende herbeigeführt.
Christen öffneten ihre Kirchen, hier wurde das Volk zum Volk. In Stralsund waren in besonderer Weise die Kirchen Nikolai und Marien beteiligt.
Die Grenzen fielen, Deutschland wurde wieder eins. Die in den 80.Jahren begonnenen Friedensgebete, wurden in kleinem Rahmen weitergeführt.
Dann in den 2000 Jahren, die Aufdeckung von Missbrauch an Schutzbefohlenen in der Kirche. Wegen der zögerlichen, ja eigentlichen Verhinderung von Aufarbeitung durch einige Kirchenverantwortliche, verließen Tausende gläubige Christen ihre Kirchen. Christen auch in Stralsund eine kleine, immer kleiner werdende Minderheit in der Bevölkerung.
Dann trat „Corona“ auf den Plan. Diese Epidemie ließ vieles in sich zusammenfallen. Vieles in der Öffentlichkeit und der Kirche brach zusammen. Ein Neuanfang blieb scheinbar aus. „Wer wegblieb, blieb und bleibt auch weg“!
Kirche und mit ihr die Ökumene entdeckt momentan wieder ihr Engagement in sozialen Fragen und ihre Verantwortung dafür. Anders zu sein, Hilfe zu leisten, wo sie dringlich nötig ist. Deshalb versuchen in Stralsund in der Ökumene, Christen ehrenamtlich mitzuwirken, wo es wichtig und nötig ist. Nur gemeinsam werden wir wahrgenommen und eventuell gesehen und gehört. Dazu kann jeder der möchte einen Beitrag leisten.

Zu unserem Jubiläum im Jahr 2025, wir feiern 250 Jahre katholische Gemeinde „Heilige Dreifaltigkeit“, soll ab der ersten Januarwoche wöchentlich ein History-Artikel erscheinen. Diese finden sie auf unserer zum Jubiläum eingerichteten Seite auf unserer Internetseite. In den History-Artikeln wird Geschichte noch einmal konkret erlebbar. Aus der Zeit, die Sie selbst miterlebt haben, suchen wir noch Geschichten, Erlebnisse auch Anekdoten, die mit entsprechenden Pfarrern, Kaplänen oder Seelsorge Helferinnen wie und wo auch immer erlebt wurden. Da gibt es sicher einige überraschende, erzählenswerte Geschichten. Es wäre schade, wenn diese verloren gingen. Also schicken Sie ihre Erinnerungen an Pfarrer oder Pfarrbüro, sowie an mich, Roland Steinfurth (rolandsteinfurth54@gmail.com) - Vielen Dank.
Roland Steinfurth
Pfarrei St. Bernhard
Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit Stralsund
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