02/07/2024 0 Kommentare
Fastenpredigten zu den Kardinaltugenden
Fastenpredigten zu den Kardinaltugenden
# Bericht

Fastenpredigten zu den Kardinaltugenden
In der Fastenzeit 2021 predigten die vier Priester der Pfarrei St. Bernhard in den drei Gemeinden Stralsund, Rügen und Demmin sowie der Kirche in Zingst auf dem Darß über die vier Kardinaltugenden.
Pfarrer Johannes Schaan isst gerne Dominosteine: „Nur zu viele auf einmal wäre nicht gut. Die Tugend der Mäßigung (temperantia) ist die Kraft der Selbstbeherrschung, damit die Leidenschaften nicht die Überhand gewinnen. Sie stellt das rechte Maß ein wie der Tempomat die rechte Geschwindigkeit. Wie alle Tugenden ist sie auf das Gute ausgerichtet. Es tut mir nicht gut, wenn ich die Kontrolle verliere und dem Egoismus und der Selbstsucht freie Bahn lasse. Letztlich gipfelt sie in der Liebe zu Gott, dem Nächsten und mir selbst: Wer wahrhaft liebt, lebt das rechte Maß.“
Für Pfarrvikar Grzegorz Mazur sagt die Bibel „wenig, sehr wenig“ über die Tugend der Tapferkeit (fortitudo): „Die Wörter ‚tapfer‘ und ‚Tapferkeit‘ werden nahezu ausnahmslos im Kontext von Kampf und Krieg verwendet. Doch bei Paulus findet sich folgende Verse: ‚Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid tapfer und stark! Alles, was ihr tut, geschehe in der Liebe!‘ (1 Kor 16,13f). Sie lassen sich als Zusammenfassung für das christliche Verständnis der Tapferkeit lesen. Ein tapferer Mensch weiß, dass das Leben auf dem Spiel steht, zugleich kennt er die Widerstandskraft des Glaubens. Beides ist die Voraussetzung für die christliche Gestalt der Tapferkeit, alles ‚in Liebe geschehen‘ zu lassen.“
Mit einem Zitat Ludwig Erhards hinterfragte Pfarrvikar Bernhard Scholtz einen naiven Begriff der Gerechtigkeit (iustitia): „Ich habe es mir angewöhnt, das Wort Gerechtigkeit nur in Anführungszeichen auszusprechen, weil ich erfahren habe, dass mit keinem Wort mehr Missbrauch getrieben wird als gerade mit diesem höchsten Wert.“ Was Gerechtigkeit ist, sei laut Scholtz „gar nicht so einfach festzustellen: Es gibt immer individuelle Perspektiven. Kein Krieg, der nicht im Namen der Gerechtigkeit geführt, keine Diktatur, die ohne Gerechtigkeit gerechtfertigt wurde. Im Alten Testament offenbaren die Zehn Gebote die Gerechtigkeit Gottes, der einen Bund mit seinem Volk schließt. Sie ergreift stets Partei für die Unterdrückten und Armen. Jesus übernimmt dieses Verständnis und fügt mit seiner selbstaufopfernden Liebe einen wichtigen neuen Aspekt hinzu: Gerechtmachung geschieht bei ihm durch Liebe statt Bestrafung.“
Kaplan Maximilian Hofmann definierte die Tugend der Klugheit (prudentia) als „Verwendung des richtigen Mittels für ein gutes Ziel.“ Anhand der beiden Gleichnisse der zehn Jungfrauen und des reichen Kornbauers erläuterte er, inwiefern beide Aspekte zusammenspielen müssen: „Der freudige Empfang des Bräutigams ist das Ziel aller zehn Jungfrauen. Doch die fünf ‚törichten‘ wählen das falsche Mittel, indem sie keine Vorräte mitgenommen hatten. Davon hatte der reiche Kornbauer ausreichend, sein Problem ist das Ziel: Sich auszuruhen und das Leben für sich zu genießen. Mittel und Ziel zu reflektieren und dann zu entscheiden – das bedeutet, die Tugend der Klugheit zu haben.“
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